Bei einem Dokument, das trotz der in Bezug genommenen ergänzenden Unterlagen überflüssige und widersprüchliche Angaben enthält, kann beim Empfänger den Anschein erwecken, dass über steuerpflichtige Leistungen abgerechnet wird. Die Gefahr eines unberechtigten Steuerausweises kann dann nicht ausgeschlossen werden, sodass der Aussteller des Dokuments die Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin (eine GmbH) führte für pharmazeutische Unternehmen Beobachtungsstudien durch. Diese umfasste die Projektkoordination, das Datenmanagement, die Honorarverwaltung und die Erstellung von Statusberichten. Die Klägerin übersandte ihren Auftraggebern im Rahmen der Honorarverwaltung sogenannte "Abforderungsschreiben" für Honorare, in denen sie jeweils unter Angabe einer fortlaufenden "Abforderungs-Nr.", "Angebots-Nr.", "Bestell-Nr." des jeweiligen Auftraggebers eine Kurzbeschreibung des "Projekts" und eines "Lieferdatums" auswies. Die Umsatzsteuer zur Überweisung der abgeforderten Beträge wurde offen ausgewiesen. Die Klägerin erfasste die von ihren Auftraggebern abgeforderten Geldbeträge als durchlaufende Posten. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass der Steuerausweis in den "Abforderungsschreiben" unberechtigt erfolgt ist und die Klägerin die ausgewiesene Steuer schulde. Das Finanzamt erließ dementsprechende Umsatzsteuer-Änderungsbescheide.

Der BFH stimmte der Entscheidung des Finanzgerichts zu, wonach die "Abforderungsschreiben" die Voraussetzungen für Rechnungen erfüllen, sodass die Klägerin die dort unberechtigt gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG schuldet. Somit kommt Art. 203 MwStSystRL zur Anwendung, wonach die Mehrwertsteuer zu Unrecht in Rechnung gestellt wurde. Somit liegt eine Gefährdung des Steueraufkommens vor, weil der Adressat sein Recht auf Vorsteuerabzug geltend machen kann.

Mit dem überflüssigen Steuerausweis und den damit verbundenen widersprüchlichen Angaben hat die Klägerin das Risiko auf unberechtigten Vorsteuerabzug geschaffen. Bei einem Teil der Empfänger der "Honorarabforderungen" hat sich das Risiko auch realisiert, weil die Klägerin die Fehlvorstellung hervorgerufen hat, dass mit den "Abforderungsschreiben" über steuerpflichtige Leistungen der Ärzte im Rahmen der durchgeführten Studien abgerechnet werde. So entstand die Annahme, dass bereits mit den "Honorarabforderungen" ein Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt werden könne und es nicht erforderlich war, dass die Erteilung der Gutschriften durch die Klägerin abgewartet werden müsse. Ein Teil der Empfänger der "Abforderungsschreiben" hat den Vorsteuerabzug beansprucht, obwohl sie sämtliche ergänzenden Unterlagen kannten, aus denen etwas anderes hätte abgeleitet werden können. Sie haben nicht die Erteilung der Gutschriften an die Ärzte abgewartet, mit denen sie ihr Recht auf Vorsteuerabzug (einzeln für jede Gutschrift) hätten ausüben können.

Fazit: Bei einem Dokument, dass keine Rechnung ist und mit dem nur eine Zahlung angefordert wird, sollte die Umsatzsteuer nie offen ausgewiesen werden. Das gilt insbesondere dann, wenn die Person, die das Dokument ausstellt, nur für die Zahlungsabwicklung zwischengeschaltet ist.

Categories: Umsatzsteuer

ähnliche Beiträge

  • 21. November 2025Einkommensteuer

    Bei Darlehensverhältnissen zwischen nahestehenden Personen sind Besonderheiten zu beachten. Wird Kapitalvermögen auf die Kinder übertragen, führt das dazu, dass - wenn die Übertragung steuerlich anerkannt wird - die Einkünfte aus der Kapitalanlage dem Kind zuzurechnen sind. Hat das Kind keine weiteren steuerpflichtigen Einnahmen, bleiben bei diesem im Veranlagungszeitraum 2025 Einnahmen i.H.v. 13.132 € (Grundfreibetrag 12.096 € + Sparer-Pauschbetrag 1.000

  • 21. November 2025Gewinnermittlung

    Die Rechnung über die Bewirtung in einem Bewirtungsbetrieb kann dem Steuerpflichtigen in digitaler Form übermittelt werden (als E-Rechnung nach § 14 Absatz 1 Satz 3 und 6 UStG oder als sonstige Rechnung nach § 14 Absatz 1 Satz 4 UStG in einem anderen elektronischen Format). Eine Bewirtungsrechnung in Papierform kann vom Steuerpflichtigen digitalisiert werden (digitalisierte Bewirtungsrechnung). Der Eigenbeleg wird vom Steuerpflichtigen digital erstellt oder digitalisiert

  • 21. November 2025Einkommensteuer

    Der BFH hatte über die Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein denkmalgeschütztes Gebäude in Boden- und Gebäudewerte zum Zweck der Abschreibung zu entscheiden. Es war zweifelhaft, ob das allgemeine oder das vereinfachte Ertragswertverfahren für die Wertermittlung angewendet werden sollte. Der Bundesfinanzhof folgte dem Finanzgericht und dem Gutachten eines Sachverständigen. Der BFH entschied, dass dieses Verfahren geeignet ist, die Anschaffungskosten

  • 14. November 2025Umsatzsteuer

    Beim Vorsteuerabzug aus einer Leistung vor dem Übergang des Unternehmers zur Regelbesteuerung bzw. zur Kleinunternehmerregelung ist Folgendes zu beachten: Übergang von der Steuerbefreiung zur allgemeinen Besteuerung Hat ein Unternehmer, der von der Steuerbefreiung nach der Kleinunternehmerregelung zur allgemeinen Besteuerung übergeht, bereits vor dem Übergang Leistungen bezogen, die er erst nach dem Übergang zur Ausführung von dann zum Vorsteuerabzug